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BIENNALE ARCHITETTURA 2023

18. internationale Architekturausstellung | Venedig, 20. Mai - 26. November 2023

© Theresa Wey

Der österreichische Pavillon wird vom Architekturkollektiv AKT und dem Architekt Hermann Czech gestaltet. Das Konzept sieht die Öffnung des Pavillons zum angrenzenden Stadtteil vor. Der architektonische Eingriff wirft die Frage nach der Verfügungsmacht über Raum und nach den gesellschaftlichen Verschiebungen, die Architektur in gebauter Form auslöst, auf. LAUFEN beteiligt sich an der diesjährigen Architekturbiennale als offizieller Sponsor des österreichischen Pavillons.

© AKT & Hermann Czech

Zum Konzept

Das in Wien beheimatete Architekturkollektiv AKT und der Architekt Hermann Czech planen für die 18. Internationale Architekturausstellung La Biennale di Venezia (20. Mai bis 26. November 2023) einen gesellschaftlich wirksamen temporären Umbau des österreichischen Pavillons. Ein Teil des Gebäudes wird zum angrenzenden Stadtteil geöffnet und frei zugänglich an die Bevölkerung Venedigs abgetreten.

Verdrängung

Erstmals in ihrer jüngeren Geschichte hat die Einwohnerzahl der Altstadt Venedigs einen historischen Tiefpunkt erreicht und ist unter die kritische Marke von 50.000 gesunken. Räumliche Verdrängungsprozesse und der Verlust essenzieller Infrastruktur führen seit Jahrzehnten zu einer steten Entvölkerung der Stadt. Politische Versprechen wurden gebrochen, raumplanerische Kontrollinstanzen wurden in den vergangenen Jahren schrittweise abgeschafft. Der soziale Wohnungsbau wurde mittlerweile de facto eingestellt. Das einheimische Leben in Venedig wird zunehmend marginalisiert.

Unterstützt wird dies durch eine Kulturpolitik, die vorgeblich eine bewohnbare Stadt zum Ziel hat, aber raumgreifend gegen sie arbeitet. Venedig kann ohne Kulturtourismus nicht mehr überleben. Dieser leistet mittlerweile einen beträchtlichen Beitrag zur Erhaltung der Altstadt. Gleichzeitig tragen die kulturellen Institutionen durch ihre ständige räumliche Ausdehnung aber dazu bei, immer größere Teile der Stadt ihren Bewohner*innen zu entziehen.

Der Widerstand gegen alle diese Entwicklungen hat zu einer ungewöhnlich hohen Dichte an selbst organisierten Zusammenschlüssen innerhalb der Bewohnerschaft geführt. Sie eint das gemeinsame Ziel, das drohende Absterben der Stadt zu verhindern.

Verschiebung

Der österreichische Pavillon liegt an der nordöstlichen Grenzmauer des Biennale-Areals. Der dahinter liegende Stadtteil ist eines der wenigen verbliebenen, noch überwiegend von lokaler Bevölkerung bewohnten Viertel Venedigs. AKT und Hermann Czech planen, die historische Biennale-Mauer zu öffnen, die Trennung zwischen Biennale und Stadt in den Pavillon zu verschieben und der städtischen Öffentlichkeit Platz einzuräumen: ein „Laboratory of the Future“.

Der österreichische Pavillon fordert so, aus der Mitte der größten Kulturveranstaltung Venedigs diese auf, sich im Kontext der Stadt ihrer politischen und kulturellen Verantwortung als „Labor der Zukunft” zu stellen. Dafür steht das Angebot von AKT und Hermann Czech, – einen Teil des ursprünglich der Allgemeinheit gewidmeten Geländes der Giardini wieder als öffentlichen Raum zu nutzen und der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Durch die Beteiligung am Raum des Pavillons über den Zeitraum der Biennale wird das Verhältnis zwischen Stadt und Biennale so öffentlich sichtbar verhandelt.

Partecipazione / Beteiligung

Wie wirkt Architektur, wie verschieben sich gesellschaftliche Zustände, wenn sie gebaut wird? Diese Frage stellt das zentrale Exponat der Ausstellung, die
trennende Wand, die den symmetrischen Pavillon im Eingang zwischen den Haupträumen teilt. Der östliche Teil des Gebäudes samt Hof soll über einen neu hergestellten Zugang von der Stadt aus frei zugänglich gemacht werden. Er wird so an ihre Bewohner*innen und lokale Initiativen als Versammlungsraum übergeben. Der westliche Teil bleibt von der Biennale aus begehbar. Dort werden der Umbau des Pavillons durch AKT und Hermann Czech sowie das Verhältnis zwischen Biennale und Stadt im Rahmen einer Ausstellung und eines Begleitprogramms thematisiert.

Obwohl die jeweils andere Seite nicht direkt erreicht werden kann, -sehen und hören die Bewohner*innen der Stadt und die Besucher*innen der -Biennale einander. Interessen und Forderungen der einen erhalten durch die Anwesenheit der anderen eine Plattform und im Kontext der Biennale Sichtbarkeit sowie politisches Gewicht. Aus Abschottung wird Beteiligung im wörtlichen Sinne: Aus beziehungsloser Trennung wird eine inhaltliche und räumlich erlebbare Nachbarschaft. Aus dem Pavillon heraus entsteht durch seinen Umbau ein kritischer Austausch über den gegenwärtigen Zustand der Stadt und die Verantwortung der Biennale in ihrer Mitte.

© AKT & Hermann Czech